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Historisches · Elizabeth I, Francis Drake und das Zeitalter der Entdeckungen

Francis Drake (ca. 1540 bis 1596) ist eine der spannendsten und faszinierendsten Persönlichkeiten des ereignisreichen 16. Jahrhunderts. Drake und seinen Mannschaften gelingt die 2. Weltumsegelung der Geschichte. Er ist der 1. Kommandeur einer Weltumsegelungs-Expedition, der auch lebend zurückkehrt. Sein Vorgänger Ferdinand Magellan, ein Portugiese in spanischen Diensten, stirbt im April des Jahres 1521 auf halber Strecke auf den Philippinen.

Das 16. Jahrhundert. Der Beginn der Globalisierung


Francis Drake und Zeitgenossen wie William Shakespeare und der Philosoph Francis Bacon sind Mitgestalter einer Epoche des Umbruchs. Die Neuzeit ist noch sehr neu. Das Mittelalter muss noch zurück gedrängt werden, auch durch geographische und wissenschaftliche Entdeckungen.

Die iberischen Mächte, Portugal und Spanien, hatten, teils mithilfe italienischer Seefahrer, begonnen die Weltmeere zu erkunden. Nach und nach werden neue Inseln, Ufer und riesige Landstriche erobert. Das klingt dynamisch und positiv. Für viele ist es das genaue Gegenteil: der Handel, der Landraub und die militärischen Maßnahmen der Europäer bringen Tod, Sklaverei und Ausbeutung für Millionen. Hinzu kommen die eingeschleppten Krankheiten.

Sebastian Münster, Landkarte, Kontinent, Amerika, Neue Welt, 16. Jahrhundert
Karte der Neuen Welt des Kosmografen Sebastian Münster, veröffentlicht 1561

Im 16. Jahrhundert sind die Opfer der europäischen Expansion vor allem die Bewohner der "Neuen Welt", die Indianer. Sie heißen im Deutschen (und in einigen anderen Sprachen) so aufgrund des Irrtums des Christoph Kolumbus, der meinte in Asien gelandet zu sein. Deshalb gibt es auch heute noch die Bezeichnung "Westindische Inseln" für die Inseln der Karibik. Das eigentliche Indien (Vorderindien), Festland-Südostasien (Hinterindien) und die Inseln des Malaiischen Archipels (Ostindische Inseln; heute zu großen Teilen zu Indonesien gehörig) wurden, als der Irrtum erkannt war, als Ostindien zusammengefasst.

Schwarz-Afrikaner sind weitere Haupt-Leidtragende der europäischen Expansion nach Übersee. Sie werden durch den nun einsetzenden Atlantischen Sklavenhandel in die Karibik sowie nach Süd- und Mittelamerika verschleppt. Bei diesem lukrativen "Geschäft" sind die Engländer rasch mit dabei.

Nicht nur im Atlantik, ebenso im Indischen Ozean und im Pazifik, werden europäische Seefahrer immer präsenter und mischen kräftig mit. Die alten Handelsrouten und Monopole der Araber, Inder, Ostafrikaner, Malaien und Chinesen sind rasch bedroht.

Im Indischen Ozean und im westlichen Pazifik brandschatzen, verstümmeln, morden, rauben und handeln Anfang und Mitte des 16. Jahrhunderts vor allem die Portugiesen. Nachdem Vasco da Gama 1498 den Seeweg nach Indien "entdeckte". Natürlich ist auch dies eine iberisch-christliche Betrachtungsweise, denn unzählige muslimische, hinduistische und buddhistische Seefahrer befuhren die Seewege nach und von Indien. Griechen, Makedonen & Römer segelten hier viele Jahrhunderte vor Vasco da Gama. Und das Afrika umrundet werden kann, bewiesen - wenn Herodot Recht hat - bereits die Phönizier um 600 vor Christus, im Auftrag des ägyptischen Pharao Necho II.

"Vale un Potosí." Europäische Vermögen gebaut auf den Knochen und Steinlungen der Ureinwohner


Die spanischen Konquistadoren suchen in Amerika nach Eldorado, dem sagenhaft reichen Goldland. Doch wesentlich bedeutender wird ein anderes Edelmetall: das Silber. Das Silber aus Südamerika und Mexiko zahlt die spanischen Söldner-Heere und den Luxus des Königshauses, der Adels-, Kaufmanns- und Bankiers-Cliquen. Die berühmteste Silberstadt wird Potosí in Bolivien. Hier schuften die Indianer unter sklavengleichen Bedingungen.

Es ist unmenschliche Plackerei in der dünnen Höhenluft der Anden. Die Minen liegen 4.000 Meter hoch. Noch heute wird in Potosí Silber-Bergbau betrieben. Noch heute ist Kinderarbeit weit verbreitet. Unfälle geschehen. Die Kinder und die erwachsenen Arbeiter und Arbeiterinnen leiden unter Stein- bzw. Staublungen. Es gibt Schätzungen, die von ca. 8 Millionen toten Indianern sprechen, allein durch den Silber-Abbau. Im Spanischen entsteht die Wendung vale un Potosí für: "Es ist ein Vermögen wert."

Zu viel amerikanisches Silber = Inflation!


Die Spanier transportieren so viel Silber ab aus Potosí und anderen Minen, dass dies starke Inflation in Europa und weiten Teilen Asiens auslöst. In Asien auch deshalb, weil spanisches Silber von Amerika direkt nach den Philippinen und weiter nach China gelangt. Hier tauschen die chinesischen Zwischenhändler das Edelmetall gegen Luxusgüter wie Porzellan und Seide. Die Philippinen wurden von ihrem spanischen Entdecker Ruy López de Villalobos übrigens nach dem damaligen Infanten benannt, dem späteren König Philipp II. Er wird 1588 eine Armada gegen England senden und versuchen mit ihrer Hilfe Elisabeth I. zu stürzen.

Ein bemerkenswertes Detail: Die auch heute noch überwiegend katholischen Philippinen werden jahrhundertelang nicht von Spanien, sondern von Neuspanien (zu dieser Zeit = Mexiko + Mittelamerika + Venezuela sowie Teile der heutigen USA) aus verwaltet. Es liegt ja "nur" der gewaltigste Ozean der Erde dazwischen, der Pazifik.

Der Seehandel der Europäer ist gefährlich. Doch - wenn die Schiffe zurückkehren - ist er zugleich auch enorm profitabel. Das Hauptrisiko tragen die Seefahrer. Den Gewinn müssen sie mit den reichen Finanziers und den Staatsoberhäuptern ihrer Heimat teilen.

Wer beerbt Spanien und Portugal?


Die niederländischen Kauffahrer wollen Anteile vom Kolonialkuchen und drängen nach. Zugleich befreien sie sich von der spanischen Fremdherrschaft. Der Spanisch-Niederländische Krieg tobt achtzig lange Jahre von 1568 bis 1648.

Und dann gibt es da noch England, die Heimat von Francis Drake. Das Inselkönigreich will bei kolonialer Ausplünderung und globalem Handel nicht abseits stehen. Queen Elizabeth I - eine Protestantin - erkennt die vom Papst abgesegnete Aufteilung der Welt zwischen den katholischen "Supermächten" Spanien und Portugal nicht an - dazu: Vertrag von Tordesillas. Sie unterstützt die Unabhängigkeitsbewegung in den Niederlanden und stellt Kaperbriefe aus. Die spanischen Ausbeuter und Räuber werden selbst beraubt.

Die lange Regierungszeit von Elizabeth I (1558 bis 1603), das Elisabethanische Zeitalter, wird von vielen noch heute glorifiziert. Jetzt werden wichtige Grundsteine gelegt für den künftigen Aufstieg Englands bzw. Großbritanniens zur imperialen Seemacht. Francis Drake gelingt ein schwindelerregender Aufstieg.


Unterschrift von Francis Drake, Pirat, 2. Weltumsegler, Stratege und Entdecker

Stationen im Leben von Sir Francis Drake:


ca. 1540 als ältestes von zwölf Kindern geboren.

Schiffjunge, Matrose, später Steuermann an Bord eines kleinen Küstenschiffes.

1564 Zahlmeister auf dem Schiff seines Vetters John Hawkins (Seefahrer, Pirat, Sklavenhändler).

1566 Offizier unter Kapitän James Lovell. Lovell besitzt einen Kaperbrief von Königin Elizabeth I. Drake nimmt an seinem ersten Seegefecht teil.

1568 Kapitän unter dem Oberkommando seines Vetters Hawkins. Schwere Gefechte mit spanischen Schiffen in der Karibik. Hawkins und Drake gelingt es knapp zu entkommen.

ab 1570 Piraterie unter eigenem Kommando. Nicht nur spanische Schiffe sondern auch Städte (z. B. Cartagena) in der Neuen Welt werden angegriffen. Drake, obwohl selbst mit Erfahrungen als Sklavenhändler, verbündet sich mit Cimarrones, entflohenen afrikanischen Sklaven gegen die Spanier. Ganz besonders seine zweite große Kaperfahrt in die Karibik (1572 - 1573) ist kommerziell ein Riesen-Erfolg. Drake wird in England immer populärer und zum Volkshelden.

1577 - 1580 Weltumseglung (The Famous Voyage). Drake kapert dabei spanische Schiffe und überfällt Siedlungen an der amerikanischen Pazifikküste. Die Finanziers der äußerst erfolgreichen und profitablen Fahrt durfen sich nach seiner Rückkehr freuen: Ihr Gewinn beträgt 4.700 Prozent.

1581 Königin Elisabeth beehrt Drake und dessen Schiff, die Golden Hinde, mit ihrem Besuch. Stellvertretend für sie schlägt der französische Gesandte Francis Drake zum Ritter.

1587 Drake stört mit einer ganzen Flotte sehr erfolgreich die Vorbereitungen zur spanischen Invasion. Je nach Quelle werden 24 bis 37 Schiffe im Hafen von Cádiz zerstört. Viele weitere spanische und portugiesische Schiffe werden auf See, zum Beispiel vor Lissabon und den Azoren, aufgebracht oder zerstört. Der Aufbruch der Armada muss um ein Jahr verschoben werden. Drake hat obendrein noch reichlich Gewinn gemacht. Die Beute teilen sich Königin, Kapitän, Anteilseigner, Offiziere und Mannschaften.

1588 Drake ist wesentlich an der Abwehr der Spanischen Armada beteiligt. Ihm untersteht ein Geschwader aus 34 Schiffen.

Mehr zu Sir Francis Drake, den Freibeuter der Königin, erfahren Sie in der englisch-sprachigen Wikipedia sowie in der Encyclopedia Britannica.

Zwei informativ-unterhaltsame Audios über Drake und die Spanische Armada:


Hörenswert ist der 5-minütige Audio-Beitrag über Francis Drake aus der Reihe "Stichtag" des WDR.

Ebenfalls sehr interessant und kurzweilig ist die Sendung über die Spanische Armada in der WDR-Reihe ZeitZeichen (15 Min. Audio). Hier wird das außen- und machtpolitische Verhältnis zwischen Spanien und England auch allgemein beleuchtet.

"Jungfräuliche" Königin und Weltumsegler leben fort


Nach Francis Drake benannt ist die Drakestraße, die breite Meeresstraße zwischen Kap Hoorn (Südspitze Südamerikas) und der antartktischen Halbinsel (dem nördlichsten Teil der Antarktis; brit. Bezeichnung Grahamland, argentinische Bezeichnung San-Martín-Halbinsel). Drake, seine Crews und Offiziere, entdecken diese Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik zufällig. Die nördlichere Magellanstraße war bereits bekannt.

Die zeitlebens unverheiratete Königin Elizabeth I trug den Beinamen "Virgin Queen" (Jungfräuliche Königin). Zu ihren Ehren wurde Virginia von ihrem Günstling Walter Raleigh so benannt. Virginia bezeichnete zu diesem Zeitpunkt nicht nur den heutigen US-Bundestaat, sondern darüber hinaus auch West Virginia, North Carolina, Kentucky, Tennessee und Ohio.


Grafik und Text: rw · über Bild-Quellen + Darsteller

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